Die Leistungen der Pflegeversicherung werden durch die verschiedenen Pflegekassen gewährt, die bei den Krankenkassen angesiedelt sind. Voraussetzung für die Gewährung von Leistungen der Pflegeversicherung ist, dass Pflegebedürftigkeit vorliegt und die Vorversicherungszeiten erfüllt sind.

Seit dem 1. Januar 2017 gilt ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff und damit verbunden ein neues Begutachtungsinstrument zur Feststellung von Pflegebedürftigkeit. Im Mittelpunkt steht nun, wie selbständig jemand seinen Alltag bewältigen kann. Es wird danach gefragt, was ein Mensch noch selbst kann und wobei er Hilfe durch eine andere Person benötigt. Berücksichtigt werden dabei nun nicht mehr nur körperliche Beeinträchtigungen, sondern auch geistige und psychische Beeinträchtigungen. Hierbei wird zum Beispiel der Bedarf an individueller Betreuung und Beaufsichtigung bei der Tagesgestaltung berücksichtigt.

Für die Bemessung der Pflegebedürftigkeit werden keine Minuten mehr gezählt (auch keine Pflegestufen 1 bis 3 mehr vergeben), sondern Punktwerte in sechs Bereichen (Module genannt) mit verschiedenen Unterkriterien ermittelt. Die sechs geprüften Lebensbereiche fließen mit unterschiedlicher Gewichtung in die Gesamtbewertung ein und die entscheidet über die Schwere der Beeinträchtigung der Selbständigkeit bzw. den Pflegegrad. Es gibt insgesamt fünf Pflegegrade.

Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) erstellt im Auftrag der gesetzlichen Pflegekassen (und der MEDICPROOF im Auftrag der privaten Pflegekassen) ein Gutachten, aus dem sich die Schwere der Pflegebedürftigkeit bzw. der Pflegegrad ergibt.

Weitere Informationen zum neuen Bewertungs- und Begutachtungssystem und den sich daraus ergebenden Leistungsansprüchen erteilen die jeweiligen Pflegekassen oder die städtische Senioren- & Pflegeberatung (Tel.: 02261 / 87-1547, 87-1548 oder 87-2547).

Im Folgenden sind die wichtigsten Leistungsarten bei vorliegendem Pflegegrad 1 bis 5 kurz dargestellt. Bei Pflegegrad 1 sind die Leistungsansprüche auf wenige Leistungsarten begrenzt.


Pflegegeld

Jeder Pflegebedürftige hat das Recht selber zu entscheiden, von wem er gepflegt wird. Die meisten (drei von vier) Pflegebedürftige wollen zu Hause von Angehörigen und/oder Bekannten gepflegt werden. In diesem Fall kann Pflegegeld gezahlt werden.


Pflegesachleistung

Entscheidet sich der Pflegebedürftige für einen ambulanten bzw. häuslichen Pflegedienst, also für beruflich tätige Pflegekräfte, so werden Pflegesachleistungen in Anspruch genommen. Die Vergütungssätze für Pflegesachleistungen sind etwa doppelt so hoch wie das Pflegegeld, da professionelle Pflege teurer ist.


Kombinationsleistung

Wer die festgelegten Höchstgrenzen der Pflegesachleistungen nicht ausschöpft, kann sich zusätzlich ein anteiliges Pflegegeld auszahlen lassen. Wer beispielsweise 60 Prozent der Pflegesachleistung in Anspruch nimmt, dem stehen noch 40 Prozent des Pflegegeldes zu, sofern eine zusätzliche Pflegeperson aktiv ist.


Zusätzlicher Entlastungsbetrag

Alle Pflegebedürftige, auch bei Pflegegrad 1, haben Anspruch auf den Entlastungsbeitrag (125 Euro pro Monat), um Angebote zur Unterstützung im Alltag finanzieren zu können. Diese können von zugelassenen Dienstleistern (u.a. Pflegedienste) zur Entlastung pflegender Angehöriger für Fahrdienste, Vorlesen, Spazierengehen, Putzhilfen oder zur Bewältigung sonstiger Alltagsanforderungen erbracht werden. Darüber hinaus können mit dem Entlastungsbetrag die ungedeckten Mehrkosten der Pflege sowie die Kosten für Unterkunft und Verpflegung während einer Kurzzeit-, Tages- oder Nachtpflege finanziert werden.

Der Entlastungsbetrag kann grundsätzlich angespart werden und Beträge, die innerhalb eines Kalenderjahres nicht ausgeschöpft werden, können in das folgende Kalenderhalbjahr übertragen werden.

Ab Pflegegrad 2 kann der nicht ausgeschöpfte Anspruch auf Pflegesachleistungen - maximal 40 Prozent des hierfür vorgesehenen Leistungsbetrags - umgewidmet bzw. für niederschwellige Betreuungs- und Entlastungsangebote (sprich Angebote zur Unterstützung im Alltag) verwendet werden.


Tages- und Nachtpflege

Der tageweise Besuch einer Tagespflegeeinrichtung ist für viele pflegende Angehörige die ideale Betreuungsform, weil der Angehörige tagsüber optimal entlastet wird. Zur Finanzierung stehen zusätzliche Leistungsmittel zur Verfügung. Die Leistungshöhe entspricht der Höhe der Pflegesachleistung.

Einrichtungen der Nachtpflege gibt es im Oberbergischen Kreis nicht.


Verhinderungspflege

Wenn eine private Pflegeperson wegen Urlaub, Krankheit oder aus anderen Gründen verhindert ist, dann finanziert die Pflegeversicherung für 4 Wochen bis zu 1.612 Euro im Jahr eine Ersatzpflegekraft. Voraussetzung ist, dass der Pflegebedürftige vorher mindestens sechs Monate im häuslichen Bereich versorgt worden ist und mindestens der Pflegegrad 2 vorliegt.

Die Verhinderungspflege kann auf 6 Wochen und 2.418 Euro gesteigert werden, in dem 50 Prozent der Kurzzeitpflege als Verhinderungspflege umgewidmet bzw. in Anspruch genommen werden.

Die Verhinderungspflege kann auch stundenweise beantragt werden. Das hat den Vorteil, dass für diesen Zeitraum das Pflegegeld nicht gekürzt bzw. halbiert wird.


Kurzzeitpflege

Ist für die verhinderte Pflegeperson keine Ersatzpflegeperson zu finden, so besteht die Möglichkeit der vorübergehenden Unterbringung in einer vollstationären Einrichtung. Der Leistungsanspruch auf Kurzzeitpflege ist wie bei der Verhinderungspflege eigentlich auf 4 Wochen und 1.612 Euro im Kalenderjahr beschränkt.

Allerdings kann die gesamte Verhinderungspflege alternativ als Kurzzeitpflege verwendet werden. Das bedeutet, dass für maximal 8 Wochen 3.224 Euro zur Verfügung stünden, allerdings nur für die pflegebedingten Kosten. Die Kosten für Unterkunft und Verpflegung müssen selbst getragen oder über den zusätzlichen Entlastungsbetrag finanziert werden.

Während der Kurzzeitpflege wird das Pflegegeld um 50 Prozent gekürzt. Bei Pflegegrad 1 besteht kein Anspruch auf Kurzzeitpflege.


Pflegekurse

Pflegen Angehörige oder Bekannte, so können sich diese schulen lassen. Ambulante Pflegedienste führen Pflegekurse bzw. Schulungen durch, auf Wunsch auch bei dem Pflegebedürftigen zu Hause. Die Pflegekassen übernehmen die Kosten. Dieser Leistungsanspruch besteht auch schon bei Pflegegrad 1.


Pflegehilfsmittel

Kosten für Pflegehilfsmittel werden von der Pflegekasse übernommen, wenn sie zur Erleichterung der Pflege, zur Linderung von Beschwerden oder einer selbständigen Lebensführung des Pflegebedürftigen dienen. Man unterscheidet technische Hilfsmittel (wie beispielsweise Pflegebett, Hausnotrufsystem, Badewannenlifter oder Pflegerollstuhl) von Hilfsmittel zum Verbrauch (wie zum Beispiel Desinfektionsmittel, Bettschutzeinlagen, Mundschutz oder Einmalhandschuhe).

Für solche zum Verbrauch bestimmten Hilfsmittel geben die Pflegekassen einen Zuschuss von bis zu 40 Euro im Monat, auch schon bei Pflegegrad 1.


Maßnahmen zu Verbesserungen im Wohnumfeld

Die häusliche Pflege ist häufig erschwert oder gar unmöglich, weil viele private Wohnungen nur bedingt dafür geeignet sind. Da sind beispielsweise die Türen zu schmal für einen Rollstuhl, zu viele Stufen innerhalb einer Wohnung oder die Duschkabine im Badezimmer steht auf einem viel zu hohen Sockel.

Für eine Maßnahme zur Verbesserung im Wohnumfeld steht dem Pflegebedürftigen ein Zuschuss in Höhe von bis zu 4.000 Euro zur Verfügung, sofern die beantragte Maßnahme angemessen ist. Ändert sich die Pflegesituation und werden dadurch weitere Umbaumaßnahmen erforderlich, so kann der Zuschuss erneut beantragt werden.

Auch den Umzug in eine für die Pflege geeignetere Wohnung bezuschussen die Pflegekassen. Dieser Leistungsanspruch besteht auch bei Pflegegrad 1.


Vollstationäre Pflege

Aus unterschiedlichen Gründen kann der Tag kommen, an dem die Pflege im häuslichen Bereich nicht meht möglich bzw. zu verantworten ist. Entsprechend den Pflegegraden beteiligt sich die Pflegekasse an den pflegebedingten Kosten des Pfegeheims.

Da die neisten Pflegebedürftigen  so lange wie möglich zu Hause gepflegt werden wollen, ist es ratsam, sich zuvor beraten zu lassen, ob eine häusliche Versorgung mit ambulanter Unterstützung tatsächlich nicht mehr gewährleistet werden kann und wenn nicht, wie dann die genaue Finanzierung der Heimkosten aussehen.

In einem Pflegeheim entsteht immer ein sogenannter Eigenanteil an Heimkosten, der je nach Einrichtung unterschiedlich hoch sein kann. Innerhalb einer Einrichtung ist er ab 2017 von Pflegegrad 2 bis 5 immer einheitlich. Er steigt nicht mehr mit zunehmendem Pflegegrad. Damit wird verhindert, dass Heimbewohner, deren Pflegeaufwand sich erhöht hat, einer Höherstufung bzw. Höhergraduierung ablehnen, weil sich damit der Eigenanteil erhöhen würde.

Wenn ein Teil der Heimkosten durch den Sozialhilfeträger übernommen werden soll, dann ist zurzeit, bei nicht vorliegender Pflegebedürftigkeit bzw. bis Pflegegrad 3 eine rechtzeitige Beratung bei der städtischen Senioren- & Pflegeberatung obligatorisch, um die Heimnotwendigkeit zu prüfen.


Weitere Leistungen

Welche weiteren Leistungen der Pflegeversicherung - wie Wohngruppenzuschlag für ambulant betreute Wohngruppen oder Leistung zur sozialen Absicherung der häuslichen Pflegeperson - gewährt werden können und was dabei zu beachten ist, ist bei den Pflegekassen direkt zu erfragen oder bei der städtischen Senioren- & Pflegeberatung (Tel.: 02261 / 87-1547, 87-1548 oder 87-2547).


Beratungspflicht (§ 7a SGB XI)

Es gibt einen gesetzlichen Anspruch auf eine individuelle Beratung und Hilfestellung durch einen Pflegeberater der zuständigen Pflegekasse. Alle Pflegekassen sind gesetzlich verpflichtet, unmittelbar nach einem Erstantrag auf Pflegeleistungen eine Pflegeberatung bereitzustellen.

Die COMPASS Private Pflegeberatung GmbH, ein Tochterunternehmen des Verbandes der Privaten Krankenversicherung, bietet die telefonische und aufsuchende Pflegeberatung für privat Pflegeversicherte an:


COMPASS Private Pflegeberatung GmbH
Gustav-Heinemann-Ufer 74 c, 50968 Köln
Tel.: 0800-101 88 00 (bundesweit gebührenfrei)
E-Mail: info@compass-Pflegeberatung.de

Zusätzlich gibt es in allen 13 oberbergischen Kommunen die trägerunabhängige Senioren- und Pflegeberatung.


Pflegezeitgesetz (PflegeZG)

Das Gesetz über die Pflegezeit ist im Juli 2008 erstmalig in Kraft getreten. Ziel des Gesetzes ist es, Beschäftigten die Möglichkeit zu eröffnen, ihre pflegebedürftigen nahen Angehörige in häuslicher Umgebung zu pflegen. Die Vereinbarkeit von Beruf und familiärer Pflege soll durch die Freistellung von der Arbeit verbessert werden.

Pflegende Angehörige haben für die Dauer von bis zu sechs Monaten einen Anspruch auf unbezahlte, aber sozialversicherte Freistellung von der Arbeit mit Kündigungsschutz. Die Freistellung kann entweder kurzfristig für maximal zehn Tage in akuten Notsituationen in Anspruch genommen werden (sogenannte "Kurzzeitige Arbeitsverhinderung") oder als längerfristige Freistellung (sogenannte "Pflegezeit") beantragt werden.

Bei der kurzzeitigen Freistellung von bis zu 10 Arbeitstagen, um die Pflege als Angehöriger zu organisieren, wird ein sogenanntes Pflegeunterstützungsgeld als Lohnersatz von der Pflegekasse gezahlt. Es beträgt 90 Prozent des Nettolohns.

Darüber hinaus ist seit dem 1. Januar 2015 das neue Familienpflegezeitgesetz in Kraft. Das gibt Beschäftigten die Möglichkeit, für die Pflege von Angehörigen bis zu zwei Jahren die Arbeitszeit zu verringern. Diese Regelung gilt allerdings nur für Beschäftigte in Unternehmen mit mehr als 25 Mitarbeitern. Eine Kombination von 6 Monaten Pflegezeit und 18 Monaten Familienpflegezeit ist möglich. Näheres ist bei den Pflegekassen oder der städtischen Senioren-& Pflegeberatung (Tel.: 02261 / 87-1547, 87-1548 oder 87-2547) zu erfahren.