Auch nach der Bildung des Oberbergischen Kreises im Jahre 1932, in dem die Kreise Gummersbach und Waldbröl zusammengefügt wurden, konnte die Stellung als Sitz der Kreisverwaltung behauptet und die zentrale Position innerhalb der Region sogar noch gestärkt werden. Dadurch wurde Gummersbach, obwohl die Stadt vor 1933 keine nationalsozialistische Hochburg war, als Sitz der Kreisleitung nun Schauplatz vieler NS-Aktivitäten.
Hier fanden z. B. die Kreisparteitage mit ihren Aufmärschen statt. Aus den unterschiedlichsten Gründen (Überzeugung, Opportunismus, Terror gegen politische Gegner usw.) konnte sich auch in Gummersbach schnell die NS-Gewaltherrschaft etablieren. Unter diesen Bedingungen blieb der Widerstand oder die Widersetzlichkeit mutiger Gummersbacher auf Einzelpersonen und kleine Gruppen beschränkt. Der wirtschaftliche Aufschwung, der wesentlich auf kreditfinanzierte Rüstungsproduktion zurückzuführen war, überdeckte für viele die terroristischen Aspekte der NS-Diktatur. Seit 1935 war die Arbeitslosigkeit fast beseitigt, und bis auf die Steinbrüche, die von einer strukturellen Krise betroffen waren, konnten die Betriebe wieder in vollem Umfang produzieren.
Mit bürokratischer Unerbittlichkeit verfolgten Partei und Staat wie im übrigen Deutschen Reich aus rassistischen Gründen Minderheiten, vor allem jüdische Bürger und Bürgerinnen, von denen einigen mit Unterstützung couragierter nicht-jüdischer Gummersbacher/innen die Flucht ins Ausland gelang. Die kommunalen Verwaltungen der Stadt und des Kreises waren willfährige - teilweise auch überzeugte - Ausführungsorgane der Anordnungen von Staat und Partei. 
Den Kriegsbeginn im September 1939, der sich durch Einquartierungen indirekt ankündigte, nahm die Bevölkerung eher gleichmütig hin. Neben den Rationierungen und Einberufungen sowie der Intensivierung der Produktion auf Kriegsbedürfnisse blieb in den ersten beiden Kriegsjahren ein relativ „kriegsfernes“ städtisches Leben erhalten. Ab 1942/43 hielten viele Zwangsarbeiter aus ganz Europa die Industrieproduktion aufrecht. Im Dezember 1943 wurde Gummersbach erstmals Schauplatz eines größeren Bombenangriffes. 
Dennoch blieben die Zerstörungen bis zum Kriegsende weit hinter denen von Großstädten wie Köln zurück. Dementsprechend wurde Gummersbach zum Rückzugsgebiet für Privatpersonen, aber auch großstädtischer Verwaltungen und Betriebe. In den letzten Kriegsjahren stieg durch Evakuierte aus den Großstädten die Einwohnerzahl um mehr als die Hälfte. Am 11. April 1945 waren die Kriegshandlungen in Gummersbach beendet, amerikanische Truppen hatten die Stadt besetzt.

Q: „Wir gingen durch eine schweigende Stadt“
Aus den Lebenserinnerungen eines 1903 geborenen Gummersbachers an die NS-Zeit

... Wie aus meinen ersten Schilderungen hervorgeht, bin ich Christ, katholischer Christ, dasselbe, was auch meine Eltern waren, ich habe nie etwas anderes gekannt.
Herauszufinden, daß meine Vorfahren mütterlicherseits, obschon seit Jahrhunderten bodenständig, einer anderen Glaubensgemeinschaft angehörten, blieb einigen meiner Zeitgenossen, die wahrscheinlich ihr Brot damit verdienten, vorbehalten.
Dadurch mußte ich zu meinem Schrecken eines Tages erfahren, daß ich, entgegen meinem Bewußtsein ein Deutscher zu sein, ein Fremder war. ...
Mit meinen Kameraden vom Roten Kreuz fuhr ich zum Wehrbezirkskommando; dort wurde mir eröffnet, dass ich aufgrund meiner Abstammung nicht zum Wehrdienst zugelassen werden könne.
Ich mußte aus allen Organisationen ausscheiden, auch den gemeinnützigen. ...

Der Erzähler wird zur Organisation Todt dienstverpflichtet, und es folgen Schwerarbeit – dabei alliierten Bombenangriffen stets schutzlos ausgeliefert – in Frankreich bei Bunkerreparaturen, Feldbahnbau, in belgischen Bergwerken. Krankheitshalber wird er vorübergehend in die Heimat entlassen; dort muß er erleben, daß seine 68 Jahre alte Mutter in ein Konzentrationslager soll.

... Schmerzlich war der Abschied zwischen meiner Mutter und meiner Familie. Achtundsechzig Jahre war sie alt!
‘Politisch unzuverlässig!’ Ein altes Mütterchen, das kaum weiter kam als in den Garten hinter dem Haus! Konnte sie etwa militärische Geheimnisse verraten? War sie vielleicht noch fähig, Sabotageakte auszuführen? Über fünfzig Jahre gehörte sie der christlichen Religionsgemeinschaft an. Sie hatte mich beten gelehrt, hatte mich zu einem deutschen Menschen erzogen! Nun wurde sie fortgeschleppt! Wie ein Verbrecher! Aber warum im Dunkel der Nacht? Etwa zum Schutz vor Zudringlichkeiten? Oder war man sich doch nicht ganz klar, ob solches Handeln die Zustimmung der Bevölkerung finden würde?
Wir gingen ins Dunkel. Nacht lag über den Straßen... Wir gingen durch die schweigende Stadt. ...


Diesen Weg ging auch: Frau Hulda Simons, die als sogenannte "Volljüdin" im Alter von 74 Jahren im September 1944 über Köln in das Konzentrationslager Theresienstadt gebracht wurde; wahrscheinlich ist sie bereits auf dem Transport den unmenschlichen Bedingungen zum Opfer gefallen.





Aus: „Erinnerungen“, Ms, 138 S., abgeschlossen 1975, Sammlung J. Woelke; ein umfangreicherer Auszug ist abgedruckt in: Dokumentation zur Judenverfolgung in Gummersbach während der Herrschaft des Nationalsozialismus, Red.: Werner Knabe/Heinrich Mecke/Gerhard Pomykaj/Jürgen Woelke, Ms., hg. v. Stadt Gummersbach, Gummersbach 1995, S. 33ff.

Die Reste von Haus Hassel in der Kaiserstraße nach dem Bombenangriff vom 22.3.1945

Blick in die Ausstellung "888 Jahre Gummersbach", "Abteilung Kriegsende und Nachkriegszeit"

 

1933Machtübernahme durch die Nationalsozialisten1935NS- Kreisparteitag in Gummersbach1938Judenpogrom (sog. "Reichskristallnacht")1939Kriegsausbruch durch Überfall auf Polen1943Erste Bomben auf Gummersbach1945Kriegsende (11. April Einmarsch der Amerikaner; die Stadt wird Teil der Britischen Besatzungszone.)

 

Die "Dokumentation zur Judenverfolgung in Gummersbach während der Zeit des Nationalsozialsmus" (3. ergänzte Auflage von 2020) ist hier als PDF zum Download erhältlich: